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2018
Presentation
Title
Blinding-Effekte im Niederspannungsnetz - Berücksichtigung im Schutzkonzept bei dezentraler Erzeugung
Title Supplement
Paper präsentiert auf der Tagung Zukünftige Stromnetze für Erneuerbare Energien 2018; 30. und 31. Januar 2018, Steigenberger Hotel am Kanzleramt Berlin
Abstract
Blinding-Effekte im Niederspannungsnetz - Berücksichtigung im Schutzkonzept bei dezentraler Erzeugung Thorsten Reimann, Wolfram Heckmann Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES, Königstor 59, 34119 Kassel Kontakt: thorsten.reimann@iwes.fraunhofer.de Telefon: 0561-7294-143; Fax: 0561-7294-400 Blinding - Verdecken von Fehlern im Netz Die Schutzaufgaben im Niederspannungsnetz umfassen den Personenschutz sowie den Anlagen- und Betriebsmittelschutz unter Beachtung möglichst hoher Selektivität. Diese Aufgaben werden im öffentlichen Niederspannungsnetz überwiegend unter Anwendung des Überstromanregungsprinzips mit Sicherungen umgesetzt (1). Dafür wird ein ausreichender Kurzschlussstrom benötigt, der allerdings durch unterschiedliche Einspeisesituationen zeitlichen Veränderungen unterliegen kann. Von den bisher beobachteten Effekten im Zusammenhang mit dezentralen Energieerzeugungsanlagen (DEA) spielt im Niederspannungsnetz insbesondere das Verdecken des Kurzschlussstroms eine Rolle (2). Dieses sog. Blinding tritt auf, wenn zwischen dem Fehler und dem Schutzgerät DEA einspeisen. Dann erfasst das Schutzgerät lediglich den Kurzschlussstromanteil aus dem Netz und nicht den Gesamtkurzschlussstrom an der Fehlerstelle und kann unter Umständen den Fehler nicht erkennen bzw. nicht ausreichend schnell klären. Entwicklung der Kurzschlussleistung im Niederspannungsnetz Im Niederspannungsnetz wird die Kurzschlussleistung an der Fehlerstelle durch den Ortsnetztransformator und die Kabelimpedanz dominiert. Dagegen spielen Veränderungen der Netzkurzschlussleistung im Mittelspannungsnetz nur bei Fehlern in sehr kurzer Entfernung von der NS-Sammelschiene eine Rolle, weil die Kurzschlussleistung über dem Kabel steil abfällt, siehe Abbildung 1. Beschreibung der Fallstudie Im untersuchten Fall besteht das Niederspannungsnetz zur Vereinfachung aus nur einem Strang, der an das Mittelspannungsnetz angeschlossen ist. Es wird Kabel Typ NAYY 4x150mm² verwendet, das mit einer NH-Sicherung Typ gG 250 A geschützt ist. Als Basisvariante wurde ein Erdschluss am Ende eines 350 m langen Stranges gewählt. Bei dieser Kabellänge und ohne Berücksichtigung von Zwischeneinspeisung wird die Klärung des Fehlers gemäß den Anforderungen nach DIN VDE 0100-410 noch innerhalb von 5 s erreicht. Als dezentrale Erzeuger sind 4 PV-Anlagen je 25 kVA Nennleistung im Abstand von jeweils 30 m beginnend von der Sammelschiene angeschlossen. Zusammenfassung Im untersuchten Fall kommt es zu deutlichen Veränderungen beim Kurzschlussstrom-beitrag aus dem übergeordneten Netz. Der für den Schutz relevante Strom wird um etwa den Strombeitrag der PV-Anlagen reduziert. Je nach Szenario ist der Fehlerstrom am Ort der Sicherung mit PV-Einspeisung um mehr als 21% geringer, als ohne PV-Einspeisung. Dieses Verhalten reicht aus, um die Wirkung herkömmlicher Schutzeinrichtungen unzulässig zu verzögern. Der Fehlerstrom über die Schutzeinrichtung ist abhängig von der Fehlerart, dem Fehler-ort (Kurzschlussscheinleistung) und dem Fehlerstrombeitrag zwischen der Schutzeinrichtung und der Fehlerstelle. Blinding-Effekte im Niederspannungsnetz müssen bei längeren Kabelstrecken im Schutzkonzept beachtet werden.