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2020
Report
Title
Akteure und Prozesse in der Gebäudesanierung & nichttechnische Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren des Sanierungsproze. Bericht zu AP 1.2 & 1.4
Abstract
Im Projektverbund »LowEx-Konzepte für die Wärmeversorgung von Mehrfamilien-Bestandsgebäuden« werden zusammen mit Herstellern von Heizungs- und Lüftungstechnik sowie Unternehmen der Wohnungswirtschaft Lösungen für den effizienten Einsatz von Wärmepumpen, Wärmeübergabe- und Lüftungssystemen in der energetischen Modernisierung von Mehrfamiliengebäuden analysiert, entwickelt und demonstriert. LowEx-Systeme arbeiten durch geringe Temperaturdifferenzen zwischen Heizmedium und Nutzwärme besonders effizient. Wärmepumpen haben dabei erhebliches Potenzial zur Absenkung der spezifischen CO2-Emissionen für die Wärmebereitstellung. Für die energetische Modernisierung von Mehrfamiliengebäuden ist der Einsatz solcher Systeme allerdings mit besonderen Anforderungen an die Übergabe der Raumwärme, die Warmwasserbereitung und die Nutzung von Umweltwärme verbunden. In diesem Bericht wird der Modernisierungsprozess als Grundlage für die Beurteilung der Umsetzbarkeit verschiedener LowEx-Ansätze beleuchtet. Insbesondere wird untersucht, wie der Modernisierungsprozess in der Realität abläuft, welche Akteure daran beteiligt sind und welche Entscheidungen wann und von wem getroffen werden. Daneben wird der Einfluss nichttechnischer Faktoren auf den Modernisie-rungsprozess und auf den Einsatz neuer Technologien bestimmt. In leitfadengestützten Expertengesprächen mit Vertretern von zehn Wohnungsunternehmen, die ihre Sicht als Eigentümer, Bauherren und Planer wiedergaben, wurden im Zeitraum von Juli 2017 bis Juni 2019 die Handlungslogiken beim Fällen relevanter Entscheidungen in Modernisierungsvorhaben von Mehrfamiliengebäuden erfasst. Um die verschiedenen Unternehmensformen und -größen zu berück-sichtigen, wurden neun Klassen gebildet (privatwirtschaftliches Wohnungsunternehmen (WU), kommunales/kirchliches/öffentliches WU und Genossenschaft; je klein (<5.000 WE), mittel (5.000 - 15.000 WE) und groß (>15.000 WE)), für die jeweils mindestens ein Vertreter befragt wurde, verteilt über ganz Deutschland. Lediglich die Klasse der Genossenschaft/groß blieb unbesetzt, da keine Genossenschaft mit mehr als 15.000 Wohneinheiten in Deutschland existiert. Der Wohnungsbestand des kleinsten be-fragten Wohnungsunternehmens umfasst 192 Einheiten, der des größten 119.00 Einheiten. Keines der befragten Unternehmen ist börsennotiert, alle agieren lokal bzw. regional. Die Gespräche wurden aufgezeichnet, anschließend transkribiert, anonymisiert und analysiert. Nach der generalisierenden Analyse hat sich ein uneinheitliches Bild der Vorgehensweisen bei der Fortentwicklung der Bestände ergeben, es lässt unterschiedlichste Präferenzen von Modernisierungsmaßnahmen, deren Bündelung und zeitlicher Umsetzung erkennen. Dabei ist meist nicht einmal innerhalb eines Unternehmens eine einzige Vorgehensweise vorherrschend, sondern sie wird je nach Objekt, Standort, Mieterklientel etc. individuell festgelegt. Eine Immobilie scheint ebenso wie ihre Modernisierung ein Maßanzug zu sein, weshalb allgemeingültige Aussagen zum Vorgehen bei Modernisierungen schwer zu treffen, allenfalls Tendenzen zu beobachten sind. Die Analyse der Antworten auf die erste Forschungsfrage, wie professionelle Anbieter von Wohnraum Entscheidungen über die Fortentwicklung ihrer Bestände treffen, ergab folgende Aussagen: Die Modernisierung ist bei allen befragten Wohnungsunternehmen die am häufigsten gewählte Fortentwicklungsvariante. Die Sicherung der Vermietbarkeit des Bestandes ist die primäre Zielsetzung bei der Modernisierung. Die typischsten Modernisierungsmaßnahmen sind Maßnahmen an der thermischen Hülle, z.B. Dämmung sowie Fenstertausch, gefolgt von Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit für eine älter werdende Mieterschaft. Mit dem Einsatz von Wärmepumpen im Bestand bestehen kaum Erfahrungen, Skepsis gegenüber deren Einsatz ist hingegen weit verbreitet. Werden Lüftungsanlagen eingebaut, dann sind dies in der Regel zentrale Abluftanlagen mit Zuluftzufuhr über Fenster oder andere Elemente. Wirtschaftliche Anforderungen an den Einsatz innovativer technischer Systeme sind
o die über individuell unternehmensintern festgelegte Verfahren nachgewiesene Wirtschaft-lichkeit der Maßnahmen sowie
o geringe Betriebskosten, im Speziellen geringe Wartungskosten.
Technische Anforderungen an den Einsatz innovativer technischer Systeme sind eine hohe Effizienz, Wartungsarmut, Verfügbarkeit erfahrener, mit der Technologie vertrauter Wartungsfirmen und möglichst die zentrale Zugänglichkeit zu den relevanten Bereichen der Technik. Die zweite Forschungsfrage nach dem Einfluss nichttechnischer Rahmenbedingungen auf die Fortentwicklungs- bzw. Modernisierungsentscheidung der Bestände umfasst Aussagen zur Finanzierung, rechtlichen Hemmnissen einer Modernisierung und der Rolle des Mieters. Folgende Erkenntnisse konnten gewonnen werden: In der aktuell günstigen Zinsphase werden langfristige Zinsbindungen angestrebt. Das Vorhandensein einer Förderung ist für die Wahl bzw. Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen unterschiedlich wichtig, die Fördermittel der KfW werden am häufigsten in Anspruch genommen. Die befragten Vermieter gaben an, auf die finanzielle Belastbarkeit ihrer Mieter bei der Modernisierungsmieterhöhung Rücksicht zu nehmen. Die Ermittlung der tatsächlich verlangten Mietsteigerungsrate nach der Modernisierung erfolgt unterschiedlich: häufig eingesetzt werden freiwillige Kap-pungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, gelegentlich Staffelmieterhöhungen oder Mieterhöhungen auf die Zielmiete erst bei Mieterwechsel, bzw. Erniedrigung der Betriebskosten. Rechtliche Bestimmungen, die ggf. Modernisierungsmaßnahmen beeinflussen, sind z.B. formelle Anforderungen des Mietrechts bei Modernisierungsmieterhöhungen, Anforderungen der Energieeinsparverordnung bzw. die Anforderungen des Denkmalschutzes oder Brandschutzes in den jeweiligen Landesbauordnungen oder kommunale Stellplatzverordnungen bei Aufstockungen. Intensive Informationsangebote an die Mieter im Vorfeld und intensive Betreuung während der Bauphase erhöhen die Zustimmung der Mieter zu den Maßnahmen. Verstärkter persönlicher Kontakt wird bei hoher Ablehnung der geplanten Maßnahmen eingesetzt, ggf. werden geplante Maßnahmen ausgesetzt oder verschoben. Insgesamt ist die Wichtigkeit der Mieter im Modernisierungsprozess allen Unternehmen bewusst. Die dritte Forschungsfrage beschäftigt sich mit dem üblichen Ablauf einer Modernisierung und den relevanten Entscheidungen im Modernisierungsprozess: Eine Modernisierung läuft üblicherweise im bewohnten Zustand ab. Umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der Wohnungen werden im bewohnten Zustand i.d.R. nicht durchgeführt. Unternehmensinterne Expertise für die Planung und Koordination von Modernisierungsmaßnahmen ist in acht von zehn befragten Wohnungsunternehmen vorhanden. Unternehmensinterne Akteure bzw. Gremien, die eine entscheidende Rolle bei der Wahl der umzusetzenden Modernisierungsvariante spielen, sind die Vorstände bzw. die Geschäftsführung, Aufsichtsräte und bei Genossenschaften die Vertreterversammlungen. Externe Gremien sind das Denkmalamt, die Baurechtsbehörde und das Bauamt. Als neuralgisch am Modernisierungsprozess anzusehen ist der Mieter bzw. die Kommunikation mit den Mietern. Die schriftliche und mündliche Information der Mieter und deren Unterstützung sind entscheidende Größen für eine erfolgreiche Modernisierung. Ein Monitoring der technischen Systeme im Nachgang wird als wichtig angesehen, durchgeführt wird es teilweise in hochaufgelöster Form oder in gröberer Auflösung z.B. durch den Hausmeister.
o die über individuell unternehmensintern festgelegte Verfahren nachgewiesene Wirtschaft-lichkeit der Maßnahmen sowie
o geringe Betriebskosten, im Speziellen geringe Wartungskosten.
Technische Anforderungen an den Einsatz innovativer technischer Systeme sind eine hohe Effizienz, Wartungsarmut, Verfügbarkeit erfahrener, mit der Technologie vertrauter Wartungsfirmen und möglichst die zentrale Zugänglichkeit zu den relevanten Bereichen der Technik. Die zweite Forschungsfrage nach dem Einfluss nichttechnischer Rahmenbedingungen auf die Fortentwicklungs- bzw. Modernisierungsentscheidung der Bestände umfasst Aussagen zur Finanzierung, rechtlichen Hemmnissen einer Modernisierung und der Rolle des Mieters. Folgende Erkenntnisse konnten gewonnen werden: In der aktuell günstigen Zinsphase werden langfristige Zinsbindungen angestrebt. Das Vorhandensein einer Förderung ist für die Wahl bzw. Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen unterschiedlich wichtig, die Fördermittel der KfW werden am häufigsten in Anspruch genommen. Die befragten Vermieter gaben an, auf die finanzielle Belastbarkeit ihrer Mieter bei der Modernisierungsmieterhöhung Rücksicht zu nehmen. Die Ermittlung der tatsächlich verlangten Mietsteigerungsrate nach der Modernisierung erfolgt unterschiedlich: häufig eingesetzt werden freiwillige Kap-pungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, gelegentlich Staffelmieterhöhungen oder Mieterhöhungen auf die Zielmiete erst bei Mieterwechsel, bzw. Erniedrigung der Betriebskosten. Rechtliche Bestimmungen, die ggf. Modernisierungsmaßnahmen beeinflussen, sind z.B. formelle Anforderungen des Mietrechts bei Modernisierungsmieterhöhungen, Anforderungen der Energieeinsparverordnung bzw. die Anforderungen des Denkmalschutzes oder Brandschutzes in den jeweiligen Landesbauordnungen oder kommunale Stellplatzverordnungen bei Aufstockungen. Intensive Informationsangebote an die Mieter im Vorfeld und intensive Betreuung während der Bauphase erhöhen die Zustimmung der Mieter zu den Maßnahmen. Verstärkter persönlicher Kontakt wird bei hoher Ablehnung der geplanten Maßnahmen eingesetzt, ggf. werden geplante Maßnahmen ausgesetzt oder verschoben. Insgesamt ist die Wichtigkeit der Mieter im Modernisierungsprozess allen Unternehmen bewusst. Die dritte Forschungsfrage beschäftigt sich mit dem üblichen Ablauf einer Modernisierung und den relevanten Entscheidungen im Modernisierungsprozess: Eine Modernisierung läuft üblicherweise im bewohnten Zustand ab. Umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen innerhalb der Wohnungen werden im bewohnten Zustand i.d.R. nicht durchgeführt. Unternehmensinterne Expertise für die Planung und Koordination von Modernisierungsmaßnahmen ist in acht von zehn befragten Wohnungsunternehmen vorhanden. Unternehmensinterne Akteure bzw. Gremien, die eine entscheidende Rolle bei der Wahl der umzusetzenden Modernisierungsvariante spielen, sind die Vorstände bzw. die Geschäftsführung, Aufsichtsräte und bei Genossenschaften die Vertreterversammlungen. Externe Gremien sind das Denkmalamt, die Baurechtsbehörde und das Bauamt. Als neuralgisch am Modernisierungsprozess anzusehen ist der Mieter bzw. die Kommunikation mit den Mietern. Die schriftliche und mündliche Information der Mieter und deren Unterstützung sind entscheidende Größen für eine erfolgreiche Modernisierung. Ein Monitoring der technischen Systeme im Nachgang wird als wichtig angesehen, durchgeführt wird es teilweise in hochaufgelöster Form oder in gröberer Auflösung z.B. durch den Hausmeister.
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Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Nachhaltige Technische Systeme -INATECH-
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