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2010
Report
Title
Deutschland im Jahr Drei des GlüStV - Reformvorschläge zur Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes
Title Supplement
Gutachten
Abstract
Der neue Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland hat das bereits bestehende staatliche Veranstaltungsmonopol bestätigt und im Vertrieb sogar deutlich verschärft. Das vorliegende Gutachten beleuchtet die Situation im dritten Jahr nach seinem Inkrafttreten aus statistischer und ökonomischer Sicht. Die statistische Analyse offenbart beträchtliche Verschiebungen bei den Marktanteilen einzelner Glücksspielarten. Auf Zahlenlotto und Lotterien entfällt etwa ein Drittel der 'legalen' Spieleinsätze, wobei absolut betrachtet ihre Höhe seit 2004 deutlich zurückgegangen ist. Den größten Marktanteil besitzt das Automatenspiel. Während sich jedoch das gewerbliche Automatenspiel in den letzten Jahren positiv entwickelt hat, sind Umsätze und Erträge der Spielbanken eingebrochen. Bei den Sportwetten macht der konzessionierte Teil des Angebotes (Oddset, Toto, Pferdewetten) mittlerweile nur einen kleinen Teil des Marktes aus: Der überwiegende Teil der Spieleinsätze wird in einer rechtlichen Grauzone (Internet und nicht konzessionierte private Wettshops) oder auf dem Schwarzmarkt getätigt. Aus wirtschaftstheoretischer Sicht wird deutlich, dass eine konsistente ökonomische Begründung des Monopols grundsätzlich schwierig ist. Diese ist allenfalls über die Annahme starker negativer externer Effekte durch die Spielsucht denkbar, die bei Lotterien jedoch nicht relevant ist. Zeitgleich sinken die Einnahmen öffentlicher Haushalte infolge der sehr strengen und undifferenzierten Regulierung des Staatsvertrages deutlich. Allein 2008, im ersten Jahr des neuen GlüStV, nahmen die Gesamteinnahmen der öffentlichen Hand um über eine halbe Mrd. Euro ab. Diese Entwicklung legt eine Neukonzeption der Regulierung des Glücksspielmarktes, insbesondere der Lotterien, nahe, die im letzten Abschnitt diskutiert und im Rahmen einer Szenario-Analyse quantitativ untersucht wird. Die vergleichsweise konservativen Prognosen für den Lotteriemarkt zeigen, dass private Vermittler, staatliche Veranstalter und die öffentlichen Haushalte erheblich von einer Lockerung der Werbung und des Vertriebs staatlicher Lotterien profitieren würden. Kumuliert könnten die Länder zwischen 2012 und 2016 aus einem prognostizierten Spieleinsatz-Plus von bis zu 19,6 Mrd. Euro rund 7,7 Mrd. Euro an direkten Steuern und Zweckerträge erlösen. Daneben könnten die öffentlichen Haushalte indirekt, ausgelöst durch zusätzliche Erträge der staatlichen Lotterieveranstalter, privaten Vermittler (Annahmestellen, Lotterie-Einnehmer, sonstige Spielvermittler) sowie Dienstleister (Werbung und Vertrieb etc.), mit weiteren Einnahmen in Höhe von bis zu 2,3 Mrd. Euro profitieren. Zusammengefasst könnten somit die Bundesländer alleine durch die Neuregelung des Lotteriemarktes zusätzliche 10 Mrd. Euro an direkten Steuern und Zweckerträgen sowie indirekten Einnahmen zwischen 2012 und 2016 erlösen. Dieses entspricht jährlichen Mehreinnahmen von bis zu 2,8 Mrd. Euro. Insgesamt lässt sich resümieren, dass eine Reform der Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes, insbesondere der Lotterien, aus statistischer und ökonomischer Sicht angebracht erscheint. Die derzeitige Ausgestaltung stellt niemanden zufrieden - nicht den Staat, der in einer nach wie vor ungeklärten Rechtslage sich einen unverhältnismäßig aufwändigen Regulierungsapparat leisten muss und mit schwindenden Einnahmen konfrontiert ist; nicht die Spieler, die mit stark eingeschränktem Angebot und strafrechtlichen Androhungen leben müssen; und natürlich nicht die Vertreter der privaten Vermittler staatlicher Lotterien, deren Geschäftsgrundlage in Frage gestellt ist. Die Erfahrungen anderer europäischer Länder zeigen, dass alternative Lösungen möglich sind, mit denen sich der Markt für Glücksspiel, und insbesondere das im Hinblick auf die Suchtproblematik weitgehend unproblematische Marktsegment von Lotterieprodukten, ordnungspolitisch konformer gestalten ließe. Dieses wäre erreichbar, ohne dass auf ein sinnvolles Maß an staatlicher Kontrolle über den Glücksspielmarkt verzichtet werden müsste.
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This report analyzes the state monopoly in the German gambling market, which has been reinforced by the new treaty put into force in 2008. It firstly gives a statistical overview over the consequences of the new regulatory regime on market participants and on public revenues. Then, it analyzes possible economic justifications for the monopoly and discusses in particular the issue of gambling addiction. From an economic point of view, it clearly emerges a difficulty of finding a consistent economic rationale for the monopoly, which only could rely on strong negative external effects caused by gambling addiction; a problem that is rather less relevant in the case of lotteries. At the same time, public revenues are clearly diminishing, which makes the actual regulatory setting less attractive for the regional governments (Länder) as main beneficiaries. In a further step, the report explores possible alternatives to the state monopoly. Illuminated by solutions established in other major EU-countries, it performs a quantitative study of different scenarios, which could represent alternatives to the current regulation.
Publishing Place
Hannover