Schäffer, AndreasHollert, HennerLenhart, KatharinaTeigeler, MatthiasMatthiasTeigeler2023-01-042023-01-042021-04-26urn:nbn:de:101:1-2021110702244119696363https://publica.fraunhofer.de/handle/publica/43054710.18154/RWTH-2021-08898Die Untersuchung und sichere Identifikation von hormonaktiven Substanzen hat eine große wirtschaftliche und politische Relevanz. Sogenannte endokrine Disruptoren (ED) aus der Gruppe der Industriechemikalien, Pflanzenschutzmittelwirkstoffe sowie Biozide werden in großen Mengen in die Umwelt eingebracht. Hormonell wirksame Pharmawirkstoffe aus dem Human- und Tierarzneimittelbereich greifen sehr spezifisch in das Hormonsystem von Organismen ein und wirken in sehr geringen Konzentrationen. Über das Abwasser und Oberflächenabfluss gelangen große Mengen dieser Stoffe in die Gewässer und stellen daher ein Problem für Fischpopulationen dar. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung von Endpunkten sexualendokriner Wirkungen von endokrinen Disruptoren (ED) beim Zebrabärbling mit Blick auf die Populationsrelevanz. In einem ersten Teil der Arbeit wurde die Empfindlichkeit von indikativen Parametern (Biomarkern) unter der Berücksichtigung verschiedener rezeptorvermittelter und enzymatisch gesteuerter Mechanismen untersucht. Hierzu wurden die Effektschwellen indikativer und populationsrelevanter Endpunkte aus Kurzzeit- bzw. Langzeituntersuchungen gegenüber gestellt. Die erhobenen Daten konnten zudem genutzt werden, um bestehende Lücken zu bisher wenig untersuchten sexualendokrinen Wirkmechanismen zuschließen. In einem nächsten Schritt wurde die Anwendbarkeit der Testergebnisse im Rahmen einer gestuften Teststrategie zur Detektion hormonaktiver Wirkungen in Fischen diskutiert. Abschließend wurde ein Testdesign für eine neue OECD Richtlinie zur Untersuchung endokriner Effekte in einem Ein-Generationen-Reproduktionstest mit dem Zebrabärbling vorgestellt, welches in Anlehnung an ein bestehendes Testkonzept für einen Test mit Medaka (Oryzias latipes) entwickelt und in einem OECD Verfahren validiert werden soll. Im zweiten Teil der Arbeit stand die Auswirkung von kurzzeitigen Belastungen mit hormonaktiven Substanzen im Mittelpunkt. Die Untersuchung einer anti-östrogenen Testsubstanz sollte zunächst bestehende Datenlücken bzgl. dieses Wirkmechanismus schließen. Eine Besonderheit in der Wirkweise von hormonaktiven Substanzen kann die zeitliche Distanz zwischen Exposition und anschließender Effektausprägung sein. Durch den Vergleich einer Puls- sowie einer durchgehenden Belastung wurden expositionsspezifische Effektschwellen und sensitive Belastungsfenster herausgearbeitet. Anhand der eigenen Datenerhebungen, unter Zuhilfenahme historischer Daten aus Fischstudien des Fraunhofer IME sowie auf Basis von Literaturdaten wurden für die unterschiedlichen sexualendokrinen Wirkmechanismen die sensitiven Expositions- und Effektmanifestationsfensterherausgearbeitet. Schließlich wurde eine Abstufung der wichtigsten apikalen Endpunkte hinsichtlich ihrer Populationsrelevanz vorgenommen. Die im ersten Teil der Arbeit untersuchten Effektschwellen für die Biomarker Vitellogenin und 11-keto Testosteron im Blutplasma zeigten eine gute Übereinstimmung in der Empfindlichkeit mit den populationsrelevanten Endpunkten. Im Rahmen einer gestuften Teststrategie zur Untersuchung einer endokrinen Wirkung bei Fischen konnte die Aussagekraft der Biomarker auch nach Kurzzeitexposition der Fische in Screening-Tests gezeigt werden. Endpunkte, die den Bestand einer Fischpopulation beeinflussen, sind stadienspezifische Überlebensraten, die Generationsdauer, die Reproduktionsleistung sowie das Geschlechterverhältnis. Im Hinblick auf die Reaktionszeit nach einer kurzzeitigen Pulsbelastung mit einer potentiell endokrin wirksamen Substanz lässt sich eine Abstufung der verschiedenen populationsrelevanten Endpunkte vornehmen. Stadienspezifische Mortalität kann bereits unmittelbar nach einer Konzentrationsspitze auftreten. Im subletalen Wirkungsbereich kann die Substanzexposition zu Wachstumsverzögerungen führen. Halten diese an, kann eine Verlängerung der Generationsdauer die Folge sein. Nachhaltiger sind Wirkungen auf die Reproduktionsleistung, da sie essentiell für den Fortbestand der Population sind. Manifestiert sich darüber hinaus die Belastung in einer Veränderung des Geschlechterverhältnisses, ist die Auswirkung als irreversibel und für die Population am Nachhaltigsten anzusehen. Für eine geeignete Teststrategie zur Identifikation von hormonaktiven Substanzen für Fische ist zu berücksichtigen, dass für die untersuchten sexual endokrinen Wirkmechanismen sich das empfindliche Zeitfenster, in dem eine Exposition der Fische stattfindet, von dem Zeitpunktunterscheidet, in dem eine Ausprägung von Effekten auf die populations-relevanten Parameter letztendlich sichtbar wird. Für die meisten der untersuchten Mechanismen führt eine Exposition der Fische insbesondere im Zeitraum der Sexualentwicklung zeitlich verzögert zu Effekten auf die Parameter mit Populationsrelevanz. Dies betrifft die Östrogenrezeptor (ER) -Agonisten und -Antagonisten, die Androgenrezeptor (AR) -Agonisten sowie die Inhibitoren der Aromatase. Für AR-Antagonisten und Inhibitoren der Steroidsynthese liegen nicht genügend Daten vor um das empfindliche Belastungsfenster zu identifizieren. Effekte mit Populationsrelevanz zeigten sich in einer Reduktion der Reproduktionsleistung (ER-Agonisten und -Antagonisten, AR-Antagonisten, Inhibitoren der Steroidsynthese), oder in einer Verschiebung des Geschlechterverhältnisses (ERAntagonisten,AR-Agonisten, Aromatase Inhibitoren).Entwicklungsverzögerungen konnten für ER-Agonisten beobachtet werden. Als indikativer Parameterzeigte das Vitellogenin gleiche Empfindlichkeit wie die empfindlichen Endpunkte mit Populationsrelevanz. Die Ausnahme bilden die AR-Agonisten, für die Vitellogenin um mehrere Konzentrationsstufen unempfindlicher war als der empfindlichste apikale Endpunkt. Für die AR-Antagonisten war 11-keto Testosteron der sensitiv zu messende Biomarker. Die Empfindlichkeit der verschiedenen Parameter hat Auswirkungen auf die Auswahl des definitiven Tests zur Identifikation von endokrin wirksamen Substanzen. Lebenszyklustests (Fish life cycle tests,FLCT) können alle populationsrelevanten Parameter erfassen. Allerdings sind diese Studien zeit- und kostenintensiv. Wenn die vorliegenden Daten es erlauben, und eine Aussage zur Empfindlichkeit verschiedener Parameter möglich ist, kann die Teststrategie angepasst werden. Ist etwa zu erwarten, dass das Geschlechterverhältnis der empfindlichste Endpunkt ist, kann ein Test, der diesen Parameteradäquat abbildet, ausreichend sein (z.B. der Fish sexual development test, FSDT). Bei der Bewertung der Umweltgefährdung hormonaktiver Substanzen rückt die Untersuchung der zugrunde liegenden Mechanismen immer weiter in den Fokus. Die Herausforderung im Vergleich zu den gut untersuchten Rezeptor- und Enzyminteraktionen besteht hier darin, dass sich die beobachteten Wirkmuster und Effekte kaum oder nur schwer zuordnen lassen, da sie an anderen Stellen des Hormonsystems wirken. Speziell zugeschnittene Testmethoden sind zu entwickeln und in die bestehenden Teststrategien einzubauen.deWirkmuster hormonaktiver Substanzen im Zebrabärbling (Danio rerio). Neue methodische Bewertungsansätze unter Berücksichtigung unterschiedlicher BelastungsszenarienEffect patterns of hormone-active substancesin the zebrafish (Danio rerio). New methodological assessment approaches under consideration of different exposure scenariosdoctoral thesis