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1995
Journal Article
Titel
Umweltschutz - eine Chance für die Wirtschaft
Abstract
Ökonomie und Ökologie wurden bislang oft als unvereinbare Gegensätze angesehen. Viele Betriebe meinten, sich "teuren" Umweltschutz aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten zu können. Die Praxis beweist jedoch das Gegenteil. Der umweltpolitische Klimawechsel kostet die Unternehmen zunächst Geld, eröffnet ihnen aber auch neue Chancen. Zahlreiche, von Wissenschaftlern und Forschern entwickelte Konzepte zeigen, daß durch Materialeinsparung, Auswahl des richtigen Werkstoffes, emissionsarme Fertigung, Optimierung der Entsorgunglogistik und Ausschöpfen aller Recycling-Möglichkeiten finanzielle Ressourcen freigesetzt werden. Die Steigerung des Umweltbewußtseins in Fachwelt und Öffentlichkeit fordert das Unternehmen heraus, die Signale des Marktes richtig zu deuten, durch entsprechendes Handeln einen ökologischen Umbau vorzunehmen und dabei möglichst gleichzeitig seine Markt- und Entwicklungsziele zu erreichen. Bei kurzfristiger Betrachtung können Konflikte zwischen dem Ziel Umweltschutz auf der einen und den Zielen Erträge und Kosten auf der anderen Seite auftreten. Dieser Zielkonflikt löst sich jedoch auf, wenn der Umweltschutz langfristig auch als ökonomischer Erfolgsfaktor und wirksames Instrument zur Wettbewerbs-Profilierung verstanden und genutzt wird. Alle am Witschaftsprozeß Beteiligten müssen erkennen, daß wir vermehrt "wirtschaften und kreislaufen" müssen. Die heute erkennbaren Defizite lassen sich im Hinblick auf den Handlungsbedarf der Akteure Industrie, Wissenschaft und Staat gliedern in: 1. Defizite der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung bei der Einführung von Stoffkreisläufen, z. B. fehlende Märkte für Sekundärrohstoffe, rudimentäre Rückführlogistik, ungünstige Preissituation für Sekundärrohstoffe. 2. Defizite in der technologischen Entwicklung, z. B. fehlende Qualitätssicherung bei Recyclaten, nicht kreislauffähige Werkstoffe und Bauteile, kaum recyclinggerechte Produktkonstruktion, fehlende angepaßte Verwertungstechnologien, mangelhafte Rec yclate. 3. Defizite der gesetzgeberischen Rahmenbedingungen. Es ist die Aufgabe des Staates, unter Konsultation der Wissenschaft und Wirtschaft hierfür Umweltqualitätsziele zu formulieren. Generell fehlen noch Konzepte, eine kurzfristige Benachteiligung der Unternehmen am Standort Deutschland auszugleichen, um sowohl die Wettbewerbsfähigkeit im Inland gegenüber Importware während der Übergangsphase zu gewährleisten. Hierbei dürfen jedoch keine Subventionstatbestände entstehen. Wichtig ist vielmehr, daß die Wirtschaft diese Art des Wirtschaftens als Chance zur Zukunftssicherung begreift. Der recyclinggerechten Produktentwicklung kommt eine Schlüsselrolle zu. Hierzu einige bildhafte Vergleiche: Die in Europa im Verkehr befindlichen, in den kommenden zehn Jahren zu entsorgenden 110 Mio. Altfahrzeuge ergeben aneinandergereiht eine Autoschlange von der Erde bis zum Mond. Die allein in Deutschland jährlich zu entsorgenden Hausgeräte (Herde, Kühlschränke, Waschmaschinen, etc.) ergeben ein Sp e rrmüllaufkommen am Straßenrand vom Nordkap bis Sizilien. Das jährliche Aufkommen an Elektronikschrott in Deutschland, 1,5 Mio. t, besteht zu etwa 2% bis 5% aus PC, Druckern, Telefaxgeräten und Büroelektronik. Für die Zukunft kann erwartet werden: eine grundlegende Neuorientierung vom Wirtschaftskreislauf zur Kreislaufwirtschaft, der Übergang von der Balance zwischen Angebot und Nachfrage zum Gleichgewicht zwischen Ökonomie und Ökologie, eine Technik mit Vorbild Natur statt nur der Nutzung von Naturgesetzen. Die Umsetzung dieser Ziele bringt die vierte industrielle Revolution.