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2012
Doctoral Thesis
Titel
Produktion und Evaluierung von oral applizierbaren Impfstoffen aus Pflanzen
Alternative
Production and evaluation plant-based oral vaccines
Abstract
Fortschritte in der Entwicklung von oral verfügbaren Impfstoffen aus Pflanzen werden im Allgemeinen durch unzureichende und variierende Antigenakkumulationen sowie die geringe Immunogenität von Subunitimpfstoffen erschwert. Letzteres basiert einerseits auf einer erhöhten Sensitivität löslicher Antigene gegenüber proteolytischem Abbau im Verdauungstrakt und andererseits auf dem Unvermögen Mechanismen der angeborenen Immunität zu aktivieren sowie einer unzureichenden Antigenaufnahme durch immunrelevante Zellen der Darmmukosa. Ziel dieser Arbeit ist neben einer Optimierung der Antigenakkumulation in den pflanzlichen Modellsystemen N. tabacum cv. Petit Havana SR1 und Nft51 die gesteigerte transcytotische Aufnahme durch intestinale M-Zellen. Dazu wurden die Modellantigene HVR1 und MPT64 aus dem Hepatitis C Virus bzw. Mycobacterium tuberculosis an verkürzte Versionen der konstanten Region der humanen T-Zell Rezeptor beta-Kette (TCRbeta) fusioniert, um eine Membranverankerung der Antigene zu erzielen. Die N-terminale Fusion der Cholera Toxin B-Untereinheit (CTB) sollte durch die hohe Affinität zu dem ubiquitär vorkommenden Rezeptor Gangliosid GM1 die intestinale Adhäsion und Aufnahme der fusionierten Antigene optimieren. Der Einfluss dreier TCRbeta-basierender Membranankervarianten, die im Hinblick auf die Länge der extrazellulären Domäne variierten, auf die Produktivität wurde im Vergleich zu einer sekretierten, löslichen Antigenversion evaluiert. Dabei wurde die extrazelluläre Domäne der TCRbeta vollständig entfernt (TCR), bis auf die hinge-Region verkürzt (TCRCys) bzw. der N-terminale Cysteinrest entfernt, der in die Ausbildung einer intermolekularen Disulfidbrücke zwischen der alpha- und beta-Kette im authentischen T-Zell-Rezeptor-Komplex involviert ist (TCRhinge), um den Einfluss einer potentiellen Homodimerisierung zweier verkürzter beta-Ketten auf die Antigenmenge zu evaluieren. Das heterologe Targeting zur Pflanzenmembran führte sowohl im transienten als auch im transgenen Ansatz zu einem positiven Effekt. Quantifizierungen im GM1-ELISA, die die Zusammenlagerung der CTB-Fusionspartner in die funktionale pentamere GM1-bindende Form bestätigten, zeigten, dass die Fusion von CTB-HVR1 an TCRCys zu einer 185,4- bzw. 25-fachen Akkumulationssteigerung im transienten bzw. stabilen Ansatz führte. Im Vergleich zu CTB-HVR1 wurde für CTB-MPT64 mit einer 1,6- bzw. 19.7-fachen Akkumulationssteigerung ein geringerer stabilisierender Effekt beobachtet. Durch den direkten Vergleich der Varianten TCRCys und TCRhinge konnte erstmals gezeigt werden, dass der stabilisierende Effekt vermutlich signifikant durch die Homodimerisierung zweier verkürzter TCRbeta-Ketten gesteigert wird. Die Funktionalität von TCRCys wurde u.a. durch den Einsatz des Reporterproteins GFP anhand von konfokaler Laserscanning Mikroskopie, vergleichenden Analysen der zellulären Freisetzung von löslichen und TCRCys-membranverankerten Antigenen in Kulturüberstände von transgenen BY-2 Suspensionszellen sowie Membranisolierung bestätigt. Die Ergebnisse lieferten jedoch Hinweise auf eine relativ instabile Membranverankerung, vermutlich bedingt durch den positiv geladenen Lysinrest in der Transmembrandomäne, der im T-Zell-Rezeptor-Komplex durch die entgegengesetzt geladenen Aminosäurereste der invarianten CD3-Proteine neutralisiert wird. Trotz einer ausreichenden Länge der Transmembrandomäne von TCRbeta zur Verankerung der Antigene in der Zellmembran wiesen die konfokal-mikroskopischen Ergebnisse auf eine temporäre oder finale Lokalisation der Antigene in Membranen des ER und des Golgi-Apparates hin. Transgenes Blattmaterial der CTB-HVR1-TCRCys-produzierenden Linie N. tabacum cv. Petit Havana SR1 wies Akkumulations- und Nikotinkonzentrationsbestimmungen zufolge das beste Verhältnis zwischen Nikotingehalt und Antigenkonzentration auf. Tabakblätter wurden in Form von Futterpellets mit unterschiedlich stark prozessiertem Blattmaterial oral Mäusen verabreicht. Unabhängig von der eingesetzten Präparationsvariante und der intranasalen Coapplikation der mukosalen Adjuvantien BPPCysPEG (modifiziertes MALP-2) bzw. PQS-PEG, konnten jedoch weder auf lokaler (sIgA) noch auf systemischer Ebene (IgG) antigenspezifische Antikörperantworten gegen CTB und HVR1 detektiert werden. Als mögliche Ursachen wurden folgende Faktoren diskutiert: Ineffiziente Aufnahme von CTB-HVR1-TCRCys über das Darmepithel, fehlende Zusammenlagerung in funktionale CTB Pentamere im Mikromilieu pflanzlicher Membranen, unzureichende Antigendosis, proteolytischer Abbau durch Verdauungsenzyme, Unzugänglichkeit immunrelevanter Epitope, orale Toleranz, Immunsuppression durch Nikotin sowie die Unwirksamkeit der mukosalen Adjuvantien aufgrund einer Applikation in unterschiedlichen mukosalen Geweben. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Die Entwicklung eines effektiven oral applizierbaren Impfstoffes aus Pflanzen erfordert daher neben der Wahl eines geeigneten Produktionssystems die Optimierung der eingesetzten Impfstrategien.
ThesisNote
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2011
Verlagsort
Aachen